Wenn Menschen in Projekten miteinander reden und arbeiten, dann ist es völlig normal, wenn sie unterschiedlicher Meinung oder Ansicht über eine Sache sind. Mit unterschiedlichen Meinungen umzugehen, ist eine Königsdisziplin für den Projektleiter. Denn divergierende Ziele, unterschiedliche Einstellungen, Motivationen, Neid und individuell unterschiedliche Gewichtungen können zu Stress, Problemen und kritischen Momenten für den Projekterfolg führen.
Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten zwischen den Teilnehmern einer Diskussion oder einer Praxisbesprechung gemeinsame Spielregeln vereinbart werden. Und zwar, bevor die Diskussion beginnt. Insbesondere in Fällen, bei denen klar absehbar ist, dass es zu Meinungsverschiedenheiten oder Streit kommen wird, ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein und die Spielregeln des Besprechungsablaufs vorzugeben.
Anbei ein paar Tipps, um im Projektmeetings Stress erst gar nicht entstehen zu lassen.
Unpünktlichkeit
Wenn Teilnehmer zu spät kommen:
Beginnen Sie pünktlich.
Fragen Sie die zu spät kommenden Personen, was Sie denn motivieren könnte, pünktlich zu kommen.
Verteilen Sie Aufgaben im Meeting – vor allem an die Personen, die zu spät kommen.
Fragen Sie die zu spät gekommenen Personen nach Ende der Besprechung, warum sie zu spät gekommen sind.
Mangelnde Aufmerksamkeit
Wenn Teilnehmer während der Besprechung etwas anderes machen:
Das Benutzen von Mobiltelefonen sollte vor der Besprechung einheitlich geklärt werden. Am besten ist, dass die Mobiltelefone ausgeschaltet werden. Eine Ausnahme wäre z.B., wenn die Frau eines Teilnehmers ein Kind erwartet. Ich habe schon Seminare erlebt, in denen der Moderator vereinbart hat, dass das Klingeln eines Mobiltelefons mit zehn Euro für die Kaffeekasse bezahlt werden muss.
Nicht benötigte Notebooks sollten vor der Besprechung zugeklappt werden.
Pocket-PC, Blackberries und andere Handheld-Computer sollten vor der Besprechung ausgeschaltet werden. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn Teilnehmer während der Besprechung E-Mails oder SMS beantworten.
Zeitungsleser sollten bitte draußen oder während der Pause lesen.
Fragen Sie die Person während der Pause, warum Sie etwas anderes machen muss. Vielleicht ist es besser, wenn dieser Teilnehmer lieber nicht an der Besprechung teilnimmt.
Weisen Sie die Teilnehmer auf gemeinsame Regeln hin.
Flüstern oder Lachen während der Besprechung:
Fragen Sie proaktiv: "Können wir bitte mitlachen?"
Führen Sie die Teilnehmer auf den Boden der Tatsachen zurück: "Können wir jetzt wieder alle gemeinsam am Thema arbeiten?"
Wenden Sie sich an denjenigen und sagen Sie: "Könnten Sie Ihr Thema bitte mit allen teilen – oder es später besprechen?"
Sie während der Pause nach, was los war.
Verbalattacken
Wenn Besprechungsteilnehmer verbal oder nonverbal ausfällig werden:
Gehen Sie auf das Verhalten ein und fragen Sie den Teilnehmer, was er eigentlich sagen möchte.
Sprechen Sie den Teilnehmer behutsam an, dass ein derartiges Verhalten die Atmosphäre vergiftet und das Verhalten der Gruppe beeinflusst.
Erläutern Sie dem störenden Mitarbeiter das Gesamtbild des Projekts und bitten Sie ihn, sich produktiv im Sinne des Gesamterfolges des Projekts einzubringen und nicht auf Kleinigkeiten zu fokussieren.
Stellen Sie unmissverständlich klar, dass er die Besprechung verlassen möge, wenn er sich weiter so verhalten würde.
Wenn Mitarbeiter von anderen Kollegen (verbal) unter der Gürtellinie attackiert werden:
Fragen Sie konkret nach, was das wirkliche Problem ist. Wenn es mit der Besprechung nichts zu tun hat, bitten Sie darum, dass die Meinungsverschiedenheiten später ausgetragen werden.
Führen Sie zurück zum Thema, um auf das Wesentliche zu kommen. Falls der Angriff mit dem Thema zu tun hat, bitten Sie die Mitarbeiter, dazu direkt Stellung zu nehmen.
Als letzte Möglichkeit kommt nur noch in Betracht, dass Sie denjenigen bitten, die Besprechung zu verlassen, da Sie ein derartiges Verhalten nicht dulden können.
Dominanz Einzelner
Einige wenige Personen dominieren die Besprechung:
Falls Sie stehen, gehen Sie einfach dichter zu diesen Personen.
Danken Sie dem Teilnehmer für seinen Beitrag und geben Sie das Wort an jemand anderen.
Wenden Sie sich an die Gruppe und verändern Sie die Rollen, so dass die ruhigen Personen etwas sagen können und die, die bereits etwas gesagt haben, ruhig sind.
Eventuell ist es angebracht, dass Sie darauf hinweisen, dass einige dieses Meeting dominieren.
Als letzte Möglichkeit kommt nur noch in Betracht, dass Sie diejenigen bitten, die Besprechung zu verlassen, die diese Besprechung dominieren.
Miesmacher
Wenn Teilnehmer sich über andere lustig machen oder nur nach Fehlern suchen:
Bitten Sie diese Teilnehmer, Vorschläge zu machen, die von allgemeinem Wert für die Gruppe sind.
Bitten Sie die Gruppe, Dinge nicht zu werten, bevor diese ausdiskutiert wurden.
Wenden Sie sich an die Person, die etwas in die Richtung sagt wie "Das ist ja alles dummes Zeug." und machen Sie folgende Bemerkung: "Lass uns offen bleiben für neue Ideen – wenn wir alle Möglichkeiten gehört haben, können wir diese hinsichtlich der Machbarkeit gern untersuchen."
Wenn eine Person weiterhin stört oder andere beleidigt, können Sie diese bitten, die Besprechung zu verlassen.
Besserwisser
Wenn Personen so tun, als wüssten sie bereits alles:
Wertschätzen Sie deren Wissen und Erfahrung.
Bitten Sie diese Person, geduldig zu sein und auch den Ideen und Meinungen anderer Kollegen zuzuhören.
Mitarbeiter ergänzen die Sätze anderer Teilnehmer:
Bitten Sie die Person, den anderen ausreden und für sich selbst sprechen zu lassen.
Wenden Sie sich an die Person, die ihren Satz nicht beenden konnte und fragen Sie nach, ob sie dies so meinte, wie es der andere ergänzt hat.
Während einer Pause können Sie den Störenfrieden sagen, dass sie bitte ihre Gedanken zurückhalten sollten, bis zu dem Zeitpunkt, an dem es angemessen ist – und zwar, wenn der andere seine Ausführungen beendet hat.
Die vorgenannten Empfehlungen sind selbstverständlich nur Vorschläge. Es mag gut sein, dass Sie sich aus guten Gründen anders verhalten. Wichtig jedoch ist, dass Sie kritische Momente sofort erkennen und die Konflikte sinnvoll entschärfen können.
Projekte verlaufen nie stress- oder konfliktfrei, weil es immer "menschelt" – in jedem Projekt. Aber Blockaden und Widerstände sind Bremsklötze auf dem Weg zum Erfolg. Daher ist es wichtig, dass diese erkannt und sinnvoll aus dem Weg geräumt werden. Gerade in Meetings kommt es in Diskussionen immer wieder zu Einwänden von Kollegen. Deshalb ist es hilfreich, wenn Projektleiter einige Methoden und Tricks kennen, wie sie diese Einwände behandeln können.
Im Umgang mit Widerreden, Kritik und Befürchtungen gilt es, dass die Lösungsvorschläge fair bleiben und es Gewinner auf beiden Seiten gibt.
Methoden der Einwandbehandlung
Rhetorisch-taktische Behandlungsweise
Rhetorisch-taktische Behandlungsweise |
Dahinter liegendes Prinzip |
Formulierungen, mit denen Projektleiter in kritischen Momenten in die Diskussion eingreifen können: |
Eröffnung |
Gestalten Sie eine sichere Umgebung des Vertrauens und der Kreativität, die es jedem Teilnehmer ermöglicht, sich zu artikulieren. |
"Ich bin mehr als zufrieden, dass Sie es alle haben einrichten können, trotz der hohen Arbeitsbelastung zu dieser Besprechung zu kommen." |
|
|
|
|
|
"Gemeinsam wollen wir heute an der weiteren Planung des Projekts arbeiten. Dazu brauche ich Ihre Kreativität. Jegliche Ideen sind daher willkommen, die uns weiter bringen." |
Versachlichung |
Führen Sie die Diskussion immer wieder auf die sachliche Ebene zurück, in dem Sie die Teilnehmer an die vereinbarten Regeln und Ziele erinnern. |
"Kommen wir zurück zum Inhaltlichen. Sie haben gerade gesagt, dass …" |
Einwand zurück stellen |
Der Einwand wird zunächst ausgeklammert. |
"Wenn Sie einverstanden sind, möchte ich diese Frage gern später beantworten." "Vielen Dank für diesen wichtigen Einwand, ich komme gleich darauf zurück." |
Kritiker sinnvoll einbinden |
Wenn etwas nicht funktioniert, ist es wichtig und hilfreich, dieses Thema ganz konkret anzusprechen. Fragen Sie, was los ist und wie es in Zukunft besser gehen könnte. |
"Sie sagen, dass dies nicht funktionieren kann. Was müsste denn aus Ihrer Sicht passieren, damit es klappt?" |
Plus-Minus-Methode |
Vorteile wiegen die Nachteile auf. |
"Sie formulieren richtig, dass …, daher schlage ich vor, dass wir …" |
Bumerangtechnik |
Oft wird der Moderator einer Besprechung mit Fragen überschüttet. Daher ist es gut, wenn er die Frage wie einen Bumerang wieder an den Fragesteller zurückspielt. Dadurch soll ihm klar gemacht werden, dass nicht der Moderator die Fragen beantworten soll, sondern den Prozess fördern soll, Antworten aus der Gruppe oder aus dem Team zu entwickeln. |
"Das ist eine wichtige Frage. Wie würden Sie denn an die Lösung herangehen? Was wäre Ihr Vorschlag zur Lösung?" |
Umkehrmethode |
Der geschilderte Nachteil wird in einen Vorteil umgekehrt. |
"Genau dies ist Ihr Vorteil, denn …" "Ja! Gerade deshalb …" |
Einwand vorwegnehmen |
Dem Gesprächspartner wird der Wind aus den Segeln genommen. |
"Es gibt Kunden, die glauben, dass …" "Wir werden oft gefragt, …" "Wahrscheinlich denken Sie …" |
Einwand zur Frage machen |
Negatives wird durch die Frageform neutralisiert. |
"Sie meinen wahrscheinlich …" "Sie fragen sich sicher …" "Ihre Frage lautet doch …" |
Zurück zum Fokus |
Führen Sie die Gruppe oder das Team immer wieder auf den Fokus zurück, so dass jeder im Team am gleichen Thema, innerhalb des gleichen Prozesses und der gleichen Zeit arbeitet. |
"Ich habe das Gefühl, dass wir ein wenig unfokussiert sind. Was halten Sie davon, wenn wir eine fünfminütige Pause machen, um dann kreativ weiter arbeiten zu können?" |
Den Einwand offen legen |
Einwände bringen, um den wahren Grund der Ablehnung in Erfahrung zu bringen. |
"Ich könnte mir vorstellen, dass Sie wegen … so zögerlich sind." |
Vergleich darstellen |
Die Vorstellung mit einem bildhaften Vergleich wecken. |
"Darf ich Ihnen mit einem Vergleich antworten: Stellen Sie sich vor … Das wäre dann das Resultat." |
Referenzen neutralisieren |
Lehnen Sie Autoritätsbeweise ab. Ansichten des Dritten werden eher geglaubt. |
"… war in der gleichen Situation wie Sie und hat …" "Es spricht doch dafür, dass …" |
Methode der Bestätigung |
Das JA zur Sache bedeutet ein klares JA zur Person. |
"Ja, in diesem Punkt haben Sie völlig Recht. Aber haben Sie auch…?" "Natürlich, aber…" "Zugegeben. Nur…" |
Spaß machen |
Nicht nur in zähen Momenten einer Diskussion ist Spaß immer angebracht, um die Spannung zu lockern. Machen Sie jedoch niemals Witze auf Kosten anderer Menschen. |
Erzählen Sie einen aktuellen Witz. Machen Sie etwas Ungewöhnliches. |
Stress erst gar nicht entstehen lassen
Die vorgestellten Methoden der Transformation und des Perspektivenwechsels sind effektive Instrumente, aus der negativen Spirale in eine positive Handlungskraft zu kommen. Manipulationen und unfaire Ver- und Behandlungsmethoden schwächen einzelne Mitarbeiter, Teams und den Projekterfolg. Daher ist es eine wichtige Aufgabe des Projektleiters, diese subtilen Mechanismen zu durchschauen und mit sinnvollen Methoden zu erledigen. Das Beste ist jedoch eine gute Prävention und Prophylaxe, in dem derartige Fallstricke des Projekterfolgs gar nicht in einer schlimmen Variante auftreten. Die Kunst ist es, Stress in Projekten gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Erfahrung zeigt, dass sich Stressvermeidung und ein sinnvolles Führen von Mitarbeitern und Kollegen sehr gut lernen lassen – nicht nur, um Konflikten vorzubeugen.